Die Finkensteiner Bewegung
Vom „Pfingsterlebnis“ der ersten Singwoche 1923 bis zum Jahr 1933
Die Finkensteiner Bewegung, die sich später im Finkensteiner Bund e. V. organisierte, leitete ihren Namen vom Ort der ersten „Singwoche“ ab, die vom 11. bis 18. Juli 1923 in Finkenstein (bei Mährisch Trübau) an der böhmisch-mährischen Grenze abgehalten wurde. Walther Hensel und seine Frau Olga, die als Stimmbildnerin fungierte, versammelten hier etwa 80 Teilnehmer zu einer überwiegend von Sudetendeutschen besuchten Singwoche.
Diese „Ursingwoche“ muss von einer solcher Aufbruchsstimmung geprägt gewesen sein, dass der reichsdeutsche Teilnehmer Karl Vötterle sie noch Jahrzehnte später als „eine Art Pfingsterlebnis“ beschrieb.[*] Die Idee zu einer ganz auf gemeinsames Chorsingen gerichteten Woche war Olga Hensel während der Böhmerland-Wochen gekommen, Tagungen zur Pflege des deutschen Volkstums, bei denen das – ebenfalls bereits von Walther und Olga Hensel geleitete – Singen nur eine Randerscheinung war. Mit der Finkensteiner Singwoche rückte es zum alleinigen Gegenstand auf, wobei der Rückbesinnung auf das deutsche Volkslied im Zusammenhang mit der angefochtenen Stellung der Grenzdeutschen eine deutlich völkische Note anhaftete. Volkslied und Choral standen im Zentrum von Walther Hensels Wirken, und von Beginn an zeichnete sich die Finkensteiner Bewegung durch eine starke Konzentration auf Chorgesang und Singpraxis aus. Theoretische Bildung und Instrumentalmusik spielten – anders als in der Musikantengilde – nur eine sehr untergeordnete Rolle.
Von der ersten Singwoche an wirkte Olga Hensel an der Seite ihres Mannes als Stimmbildnerin; Teilnehmerberichte loben ihre Tätigkeit vorbehaltlos. Eindrucksvoll beschreiben Julius Hofmann und Hans Klein in einem späteren Rundbrief der Walther-Hensel-Gesellschaft, wie Olga Hensel schon 1923 in Finkenstein die Stimmbildung „aus einer rein technischen Hilfsfunktion“ zu einem „höchst wirksamen Mittel der Gemeinschaftserziehung“ gehoben habe:
„Olga Hensel begann jeden Vor- und Nachmittag mit Atem- und Entspannungsübungen; dann forderte sie jeden einzelnen auf, zunächst unbewußt, dann beobachtend, zum ‚tönenden Atem‘ überzugehen; sie machte jedem klar, daß dieser unwillkürlich sich einstellende Ton für ihn weder ein besonders hoher noch tiefer sein könne, sondern als ‚Eigenton‘ ungefähr in der Mitte seines Stimmumfangs liegen müsse. Hatte jeder einzelne diesen Eigenton gefunden, dann ließ sie erst diese achtzig Eigentöne mit geschlossenen Lippen weitersummen – und was da entstand, war ein eigentümlicher Naturlaut, gemahnend an schwärmende Bienen oder fernes Glockengeläut. Die nächste Stufe bestand darin, daß die Singenden, eigentlich Summenden, allmählich anfingen, aufeinander zu hören und sich ohne jede Beeinflussung von außen auf einen Ton einigten. Unterdessen war jedem klar geworden, daß beim Summen mit geschlossenen Lippen alle Resonanzmöglichkeiten der Brust, der Mund- und Nasenhöhle und der Stirnhöhlen ausgenutzt worden waren; und jetzt kam der erregende Augenblick: zu versuchen, bei ganz locker fallendem Kinn sowohl die bisherige Atemführung als auch alle bereits vorhandenen Resonanzen beizubehalten; nun entstand jenes beglückende Zusammenfließen der Einzelstimmen zu dem erstrebten einheitlichen Chorklang, der nur erreicht werden kann, wenn jede Einzelstimme sich ihrer individuellen Besonderheit begibt und sich dienend einordnet in den Zusammenklang der singenden Gemeinde.“[*]
Von Walther Hensel muss bei den Singwochen, sowohl durch sein eigenes Singen als auch durch seine unerbittlich-strenge Chorleitung, eine eigenwillige Faszination ausgegangen sein, die Teilnehmerberichte immer wieder beschwören. Mit ebenso großer Einhelligkeit werden ihm allerdings eine äußerst schwierige, jähzornige Persönlichkeit und eine Kompromisslosigkeit bescheinigt, die eine Zusammenarbeit mit ihm selbst bei größtem Wohlwollen kaum möglich machten. So wurde auch der Verein „Finkensteiner Bund“, der bald in reichsweiter Arbeit zahlreiche Singwochen an verschiedenen Orten anbot und die Zeitschrift „Die Singgemeinde“ herausgab, nicht von und mit Hensel selbst, sondern von anderen organisiert – insbesondere von Richard Poppe und Karl Vötterle. Die Zahl der Singwochen nahm bald so zu, dass sie von Hensel allein nicht mehr zu bewältigen waren. So wurden nach kurzer Zeit auch Adolf Seifert, Oskar Fitz, Alfred Rosenthal-Heinzel, Werner Gneist, Wilhelm Hopfmüller und Ernst Schieber als Singwochenleiter aktiv.
Im Zeichen Hensels und der Finkensteiner gründete Karl Vötterle in Augsburg den Bärenreiter-Verlag (seit 1927 in Kassel), der von den „Finkensteiner Liederblättern“ Hensels seinen Ausgang nahm und sich für lange Zeit in den Dienst der Finkensteiner Bewegung stellte (die zehn Jahrgänge der „Finkensteiner Liederblätter“ erschienen 1933 auch als „Finkensteiner Liederbuch“). Die Arbeit der Finkensteiner verlagerte sich zunehmend ins reichsdeutsche Gebiet, auch Ehepaar Hensel lebte ab 1925 in Dortmund und zog 1930 nach Stuttgart.
Die Finkensteiner Bewegung hatte einen ausgeprägt religiösen Grundzug, der auch von Walther Hensel und seiner Frau geprägt wurde. In ihrer Schrift „Vom Erleben des Gesangs“ formulierte Olga Hensel: „Ich kann nicht anders beginnen, als mit dem Sinn unseres Singens überhaupt: uns ist es Gottesdienst.“[*] Auf den überlieferten Teilnehmerlisten der Singwochen finden sich zahlreiche Pfarrer und Pfarrfrauen. Mit Wilhelm Hopfmüller, Ernst Schieber und etwas später auch Richard Gölz zählten auch Pfarrer zu den Singwochenleitern. So gingen von Finkenstein auch erhebliche Impulse für die kirchenmusikalische Erneuerungsbewegung aus. Auf maßgebliche Anregung von Vötterle erschien im Bärenreiter-Verlag ab 1929 die bis heute existierende Zeitschrift „Musik und Kirche“, herausgegeben unter anderem von Christhard Mahrenholz. Auch der Orgelbewegung, die ihr Interesse auf den transparenten Klang der Barockorgel richtete, fühlten sich die Finkensteiner verbunden, obwohl sie ansonsten weitestgehend als „Singbewegung“ zu verstehen sind.
Unumwunden gestand Vötterle im Rückblick ein Konkurrenzdenken zur Musikantengilde rund um Jöde ein: „Leider haben wir damals diese beiden Ströme [Musikantengilde und Finkensteiner] nicht gesehen als Ströme, die sich ergänzen und gegenseitig befruchten, sondern wir haben uns als Konkurrenten gesehen.“[*] Während Jöde sich nach übereinstimmenden Berichten jeglicher Spitzen gegen Hensel enthielt, wurde umgekehrt Jöde immer wieder zum Angriffspunkt bei Hensels Singwochen, despektierliche Äußerungen – etwa über die Qualität Jödescher Liedsätze oder Liedauswahlen – waren zahlreich. Da die Musikantengilde grundsätzlich an einer Beilegung des Zwists interessiert war, nahm 1926 Fritz Reusch im Zuge eines Vermittlungsversuchs an einer Singwoche von Walther Hensel teil und hielt eine Aussprache mit ihm. Das 19-seitige Protokoll (siehe AdJb A 228 Nr. 8038) ist mit spürbarem Ressentiment und nicht ohne Überheblichkeit verfasst, es enthält gleichwohl viele interessante Beobachtungen zur Person Hensels und seinem Wirken. Selbst Reusch attestiert Hensel beispielsweise „eine ausgesprochene Fähigkeit [...], das Volkslied dem Singenden zu übermitteln. Das gleiche gilt für die gregorianischen Melodien, die er lateinisch und deutsch singen lässt.“ Die Fähigkeit zur Liedvermittlung wird an mehreren Stellen gelobt: „Die Art, wie er nun die Kinderlieder entwickelt und vorsingt, zeigt Hensel von seiner stärksten Seite. Hier lebt er wirklich, und man spürt, dass er aus einer unerschöpflichen Quelle gibt.“ Auch Hensels Einführungen in die Lieder erfahren Anerkennung durch Reusch. Doch daneben steht scharfe Kritik, die sich schon in der Wiedergabe des ersten Eindrucks vorbereitet, wenn Reusch seine „starke Enttäuschung“ erwähnt, „als ein mir ein ganz und gar anders als Führer aussehender ziemlich ungepflegt erscheinender Mann von durchaus auffallend slavischem Gesichtsausdruck entgegenkam“ [sic]. Reusch spricht Hensel pädagogische Fähigkeiten ab und konstatiert eine „merkwürdige Unbeholfenheit“ in der Chorleitung. Seine Schilderungen wirken bisweilen sogar komisch:
„Abgesehen davon, dass H. nahezu ausserstande ist, den Chor zu gestalten und zu formen, besteht das Dirigieren in einem wilden Darauf – los – Schlagen, und es ist merkwürdig, dass er immer irgend etwas in den Händen haben muss, oder aber in beide Hände nimmt und senkrecht von oben nach unten schlägt. Auftakt, Ritardando oder ‚Zeiten‘ schlägt er überhaupt nicht. Das Ansetzen ist nervös und überhastet und auch seine Bewegungen verführen zum Hacken und Absetzen der einzelnen Töne, geschieht dies dann, so schreit er den Chor an, wie er überhaupt als Chorleiter an dieser Stelle sehr merkwürdig wirkt./ Eigentümlich ist auch sein Gesichtsausdruck. Er schwankt immer zwischen einem kindlichen Lächeln, das einnehmend ist, und einer fast dämonischen, brutalen Verzerrtheit, die abstösst oder gar beängstigt./ Pädagogisch ist er unmöglich. Will er z.B. piano haben [...] so schreit er laut ‚piano singen‘. Oder aber: die Stimmen sind etwas zu hoch oder zu tief, so schreit er ‚zu hoch‘ und bringt so eine dauernde Beunruhigung und Beängstigung des Chores hervor.“
Die unvoreingenommenen Teilnehmer müssen jedoch wesentlich mehr Freude und Begeisterung als Beängstigung erlebt haben, denn Hensels Singwochen erfreuten sich anhaltend großer Beliebtheit. Die Beteiligung der Chorsänger konstatiert auch Fritz Reusch, wenn auch verständnislos: „Merkwürdig ist, dass er die meisten Teilnehmer gefangen nimmt.“
Das überaus interessante Protokoll Reuschs beinhaltet auch eine „Aussprache mit Hensel und seinem Kreis“; hier wird deutlich, dass manchen anderen mehr als Hensel selbst an einem besseren Verhältnis zur Musikantengilde gelegen war. Schon 1925 hatte Fritz Jöde sich um eine gemeinsame Erklärung mit Walther Hensel bemüht. Ekkehart Pfannenstiel beschreibt in einer Aktennotiz im Archiv deren Zustandekommen:
„Jöde ergriff daher [d. h. wegen der polemischen Angriffe durch Hensel] während der Lobedatagung, Sommer 1925, die Gelegenheit, ein Gespräch mit Hensel, der zu gleicher Zeit nicht weit von Lobeda entfernt eine Woche leitete, herbeizuführen. Jöde fuhr an einem der Wochentage zu Hensel, und wir erwarteten seine Rückkehr mit großer Spannung. Er kam sehr fröhlich am Abend zurück und zeigte uns das [...] eingeheftete Manifest, das dann auch in beider Männer Zeitschrift, der ‚Singgemeinde‘ und der ‚Musikantengilde‘, alsbald erstmalig veröffentlicht wurde.“[*]
Das Manifest, die sogenannte „Erklärung an unsere Freunde“, betonte das gemeinsame Bemühen um Volk und Musik und konstatierte:
„Darum wollen wir freundschaftlich zusammenarbeiten, unbeschadet jeder sachlichen Kritik, und sachliche Kritik üben, wenn es nottut, unbeschadet der freundschaftlichen Zusammenarbeit.“[*]
Ungeachtet derartiger Bekundungen blieb das Verhältnis schwierig, wann immer Walther Hensel unmittelbar beteiligt war. Doch es gab auch Persönlichkeiten, die bei den Finkensteinern und in der Musikantengilde gleichermaßen Fuß fassten und verbindend wirken konnten: Zu ihnen zählten etwa Konrad Ameln (als langjähriger Herausgeber der „Singgemeinde“ in verantwortlicher Position bei den Finkensteinern), Walter Blankenburg, Hans Grischkat und Herbert Just. Intensiver wurden die Begegnungen vor allem im Bereich der Kirchenmusik: Ein Treffpunkt waren hier insbesondere die „Spandauer Gespräche“ (1927/28), mit denen sich die Begegnung von Jugendmusikbewegung und Kirche institutionalisierte und die „kirchenmusikalische Erneuerungsbewegung“ eingeläutet wurde. Unter den Dialogpartnern fanden sich mit Walter Blankenburg, Fritz Jöde, Fritz Reusch, Konrad Ameln, Gerhard Schwarz, Wilhelm Stählin, Erich Vogelsang, Christhard Mahrenholz und Wilhelm Kamlah Vertreter der Finkensteiner und der Musikantengilde zu fruchtbarer Arbeit zusammen. Als konkrete Folge der Spandauer Begegnungen wurde 1928/29 im Spandauer Johannesstift die „Evangelische Schule für kirchliche Volksmusik“ unter Leitung von Fritz Reusch gegründet, die sich bald auf die Fachausbildung konzentrierte und als erste deutsche Kirchenmusikschule gelten kann.
Die Finkensteiner waren in ihrem Ausgangspunkt nicht (nur) Musik-, sondern (vor allem) auch Volkstumsbewegung. Dass in der Finkensteiner Bewegung der Gedanke der deutschen Volksgemeinschaft so zentral war und die Musik in diesem Sinne nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel zum Zweck der Verbreitung der völkischen Idee verstanden wurde, macht es in besonderer Weise verständlich, dass in Zusammenhang mit den Finkensteinern immer wieder die Frage ihrer Nähe zum Nationalsozialismus gestellt wird. Eine „nationale Note“ bekennt und begründet Heinrich Eppinger – Herausgeber des ersten Jahrgangs der „Singgemeinde“ – in einem Schreiben an Waltraut Jonas 1977:
„Der uns von den Tschechen aufgedrängte Volkstumskampf (das Ziel der tschechischen Führung war von Beginn der Staatsgründung 1918 an die Verdrängung der Deutschen aus dem böhm. mähr.-schlesischen Raum) brachte auch unverkennbar eine nationale Note in die Bewegung hinein, aber ganz nur positiv also ohne Ablehnung des tschechischen oder slowakischen Volkstums. Dies wird dadurch ‚dokumentarisch‘ bewiesen, daß im Finkenst. LB [Finkensteiner Liederbuch, Sammlung der 10 Jahrgänge der „Finkensteiner Blätter“, 1933] sich eine Reihe slowakischer Volkslieder in der Henselschen Übersetzung finden.“[*]
Entsprechend erläutert Eppinger 1980 in durchaus nachvollziehbarer Weise, dass der Anschluss des Sudetenlandes 1938 durch die Finkensteiner begrüßt wurde, ohne hieraus eine grundsätzliche Übereinstimmung mit dem NS-Regime ableiten zu wollen:
„Daß wir Sudetendeutschen den Anschluß ans Reich begrüßt haben, ist verständlich: Der großdeutsche Traum, den wir seit Kindesbeinen träumten, er ging in Erfüllung! Es wurde als reines Glück empfunden und wäre auch so erlebt worden, wenn nicht ns. Truppen, sondern solche anderer Richtung eingezogen wären -- Hauptsache: Heim ins Reich!! Aber Finkenstein war bestimmt nicht betont national. Hensel hat ja auch slowakische Lieder übersetzt und in den Fi Bl. [Finkensteiner Blättern] mit eigenen Sätzen versehen abgedruckt.“[*]
Für Walther Hensel selbst scheint die Feststellung zutreffend, dass er nie so weit ging, das abzulehnen, was nicht deutsch war. Dass er, trotz seines „Führer“-Liedes und ähnlicher ideologischer Zugeständnisse, der Person Hitlers und Hitlers imperialistischem Machtstreben skeptisch gegenüberstand, beleuchtet beispielsweise auch der Bericht von Erwin Oesterreicher, demzufolge Hensel 1933 in Berlin eine „Audienz“ bei Hitler schroff von sich gewiesen und vor Nationalismus gewarnt habe.
Breiter verankert scheint bei den Finkensteinern allerdings – anders als bei der Musikantengilde – eine antisemitische Grundhaltung gewesen zu sein. Das oben genannte Protokoll Fritz Reuschs über die Aussprache mit Hensel und anderen Finkensteinern führt schon 1926 an:
„Hier kam ausser der Frage Stadt und Land noch die für Sie [sic] sehr wesentliche Frage des Judentums und die Mitarbeit von Mersmann und auch Reichenbach zur Sprache, der übrigens sehr stark angegriffen wurde. Das zeigte ihnen, dass wir bereit wären, unser Eigenes aufzugeben, und uns fremden zersetzenden Einflüssen auszuliefern.“[*]
Im Jahr 1933 wurde nicht zuletzt von Karl Vötterle betont, dass man kaum Juden unter den Mitgliedern der Finkensteiner habe, wenn auch „nicht aus Sorge vor Schädigung unseres Ansehens oder sonstigen äusserlichen Gründen, sondern weil das gesinnungsgemäss nie in Frage kam.“[*] Demgegenüber postulierte er ebenfalls 1933 die Abhängigkeit der Musikantengilde vom „Juden Kestenberg“.[*]
Mit Persönlichkeiten wie Werner Gneist, der den Nationalsozialismus von Beginn an ablehnte, und begeisterten Verfechtern der NS-Ideologie wie insbesondere Bernhard von Peinen, findet sich auch in den Reihen der Finkensteiner ein weites Spektrum von Positionierungen in der NS-Zeit. Bei pauschalen Einordnungsversuchen ist hier – wie überall – Vorsicht geboten: Nur Einzeluntersuchungen können Klärung bringen.
Nach der Auflösung des Finkensteiner Bundes bzw. dem Übergang in den Reichsbund Volkstum und Heimat 1933 gründeten Karl Vötterle und Richard Baum mit dem „Arbeitskreis für Hausmusik“ eine Vereinigung, die die Arbeit der Finkensteiner unter einem neuen Namen weiterführen sollte. Zugleich kam es zu einer erheblichen inhaltlichen Erweiterung, da nun auch Instrumentalmusik und die bisher abgelehnte Neue Musik zum Gegenstand der Beschäftigung wurden. Mit dieser Ausweitung und mit der Konzentration auf die Musik als solche wurden zugleich einige der Gegensätze, die zur Musikantengilde bestanden hatten, abgebaut, und so umfasste der Arbeitskreis für Hausmusik auch frühere Mitglieder der Musikantengilde.
(ub)